„Wieso sieht kein Mensch, dass das Müsli oder das Toilettenpapier leer ist?“ Hast du dich das auch einmal gefragt? Vielleicht hast du dich sogar darüber aufgeregt, dass du die einzige Person im Haushalt bist, die sieht, was getan werden muss. Geschirr steht auf der Arbeitsfläche in der Küche herum, statt den Weg in den Geschirrspüler gefunden zu haben. Die Einkaufsliste für das neue Schuljahr liegt auch noch herum. Und müssten nicht alle Familienmitglieder mal wieder zur Zahnkontrolle?
Warum verdammt noch einmal stapeln sich nur in deinem Kopf all die To-dos und Termine? Warum hat deine Partner:in alle beruflichen Aufgaben auf dem Schirm, nicht aber die Einkaufsliste oder den Geburtstag der eigenen Mutter?
Willkommen im Club derer, die den Mental Load tragen. Was wie eine Superkraft erscheint – die Fähigkeit, zu sehen, was getan werden muss – ist in Wahrheit oft eine unsichtbare Last, die vor allem Frauen in heteronormativen Beziehungen tragen. Mental Load beschreibt die permanente kognitive Beanspruchung durch das Organisieren, Planen und Erinnern an die vielfältigen Aufgaben des Alltags. Es geht um die Verantwortung dafür, dass das Leben rundläuft, und um die ständige Wachsamkeit, die damit einhergeht.
Was ist Mental Load?
Mental Load ist die unsichtbare, geistige Arbeit, die oft zusätzlich zu den physischen Aufgaben des Haushalts anfällt. Es geht nicht nur darum, Aufgaben auszuführen, sondern auch darum, an sie zu denken, sie zu planen und sicherzustellen, dass sie erledigt werden. Dies umfasst das Erinnern an Arzttermine, das Führen der Einkaufsliste, das Organisieren von Geburtstagsfeiern und vieles mehr. Diese Aufgaben sind oft nicht sichtbar und werden deshalb auch selten als solche anerkannt.
Warum bleibt Mental Load oft an einer Person hängen?
In vielen Haushalten wird die mentale Last ungleich verteilt. Traditionelle Geschlechterrollen spielen dabei eine große Rolle. Frauen übernehmen häufig den Großteil der unbezahlten Arbeit im Haushalt, auch wenn beide Partner berufstätig sind. Dies führt dazu, dass Frauen oft die Hauptverantwortung für die Organisation des Familienlebens tragen.
Aber warum ist das so? Hier einige Erklärungen:
Traditionelle Rollenbilder: Auch wenn sich vieles geändert hat, sind tief verwurzelte Geschlechterrollen nach wie vor präsent. Frauen wurden historisch als Hauptverantwortliche für Haushalt und Familie gesehen.
Gesellschaftliche Erwartungen: Die Gesellschaft erwartet oft, dass Frauen den Überblick über den Haushalt behalten. Diese Erwartungen werden durch Medien, Werbung und Sozialisation verstärkt.
Fehlende Sichtbarkeit: Mentale Arbeit ist unsichtbar. Während man sieht, wenn der Rasen gemäht ist, bleibt die Planung des Wochenendtrips oder das Denken an den Vorrat unsichtbar.
Soziale Anerkennung: Tätigkeiten, die als typisch männlich gelten, werden oft höher bewertet und anerkannt als Haushalts- und Sorgearbeit.
Wege aus der Mental Load-Falle
Es gibt verschiedene Ansätze, um die Last des Mental Load gerechter zu verteilen. Hier sind einige Tipps:
Kommunikation: Offene Gespräche über die Verteilung von Aufgaben können helfen. Es ist wichtig, dass beide Partner erkennen, welche Aufgaben anfallen und wer sie übernimmt.
Aufgabenverteilung: Eine klare Aufgabenverteilung sorgt dafür, dass beide Partner Verantwortung übernehmen. Dies kann durch Listen oder Kalender unterstützt werden.
Anerkennung und Wertschätzung: Die mentale Arbeit sollte sichtbar gemacht und anerkannt werden. Wertschätzung für diese unsichtbare Arbeit kann die Belastung reduzieren.
Veränderung der Rollenbilder: Langfristig ist es wichtig, traditionelle Geschlechterrollen zu hinterfragen und zu durchbrechen. Dies beginnt bei der Erziehung und setzt sich in der partnerschaftlichen Zusammenarbeit fort.
Fazit
Mental Load ist eine unsichtbare, aber sehr reale Last, die viele Menschen – vor allem Frauen – in ihrem Alltag tragen. Indem wir diese Last sichtbar machen, sie anerkennen und durch offene Kommunikation und gerechte Aufgabenverteilung abmildern, können wir zu einer gleichberechtigteren und ausgeglicheneren Lebensweise gelangen. Denn die Fähigkeit zu sehen, was getan werden muss, sollte keine einsame Superkraft bleiben, sondern eine gemeinsame Verantwortung.
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Wer schreibt hier?
Mein Name ist Silke Mekat,
ich bin Stresspräventionstrainerin, Coach, Diplom Betriebswirtin,
Therapeutin für integrierte lösungsorientierte Therapie und Autorin. Und
ich gebe seit vielen Jahren Seminare rund um Vereinbarkeit von Beruf
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ich weiß, dass Seminare die eine Sache sind, die Umsetzung im Alltag
aber auf einem anderen Blatt steht, gibt es diese Seite und
unterschiedliche Angebote, um den Hebel zu einer gelungenen
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